Woche der Modellierung mit Mathematik im JUFA Pöllau,
6. - 12. Februar 2011
Projekt: Signalanalyse
Betreuer: Dr. Peter Schöpf
Geschwindigkeits- und Entfernungsmessung mit Signalwellen
Ein Großteil der diesbezüglichen Überlegungen benötigt zwar nur wenig
physikalisches Wissen, aber dafür gute Vorstellung von Bewegungsabläufen
in verschiedenen Koordinatensystemen. Einiges lässt sich sehr gut mit
GeoGebrea in Raum-Zeit-Diagrammen veranschaulichen und soll auch so
durchgeführt werden. Nach einer minimalen Einführung in die Prinzipien der
Entfernungs- und Geschwindigkeitsmessung sollten die Teilnehmer in der Lage
sein, die Gleichungen für den Dopplereffekt sowohl für Schallwellen als
auch für elektromagnetische Wellen selbst herzuleiten. Ebenso sollen sie die
Galileitransformation und die Lorentztransformation (gestützt durch ganz
wenige Hinweise) selbst herleiten. Dabei werden 2×2-Matrizen und deren
Gebrauch erklärt. Damit ist der Teilbereich der Problemstellung abgedeckt,
der keine Annahmen über die Wellennatur der Signale macht.
Erst die Einbeziehung der Wellennatur der Signale zwingt zu Betrachtungen von
Wellenüberlagerungen, Frequenz- und Phasenänderungen, der Wahl geeigneter
Signalfrequenzen und Wellenformen. In diesem Zusammenhang tritt das Problem
der Herausfilterung des reflektierten Signals aus einem Rauschen auf. Da eine
halbwegs realistische Behandlung des Rauschens schwierig ist, werden wir uns
mathematisch auf den elementarsten Bereich der Fourieranalyse beschränken,
nämlich auf trigonometrische Polynome (anstelle von Fourierreihen oder
Fourierintegralen) und das Herausfiltern gewisser Frequenzen aus endlich viel
superponierten harmonischen Wellen.
Mathematisch anspruchsvollere Teilprobleme können aber unter Heranziehung
von Matlab oder Mathematica mit diskreter und Fast-Fourier-Analyse
experimentell am Computer behandelt werden.
Projekt: Navigation
Betreuer: Dr. Kristian Bredies
Finden von optimalen Wegen in Umgebungen mit Hindernissen
In vielen Situationen ist man mit der Aufgabe konfrontiert, sich selbst oder
einen Gegenstand möglichst schnell oder effizient an einen bestimmten Ort zu
bringen. Auf Reisen zum Beispiel, wenn man sich fragt, welche Straßen man
fahren muss, um zu einer bestimmten Adresse in einer fremden Stadt zu
gelangen. Oder, man stellt sich vor, einen sperrigen Flügel unversehrt durch
einen verwinkelten Raum transportieren zu müssen. Ist das Zimmer schlecht
geschnitten, wird nicht vielleicht unmöglich sein; andernfalls möchte man
wegen des großen Gewichts des Instruments beim Tragen auf keinen Fall
einen Umweg machen. Die Notwendigkeit, optimale Wege zu finden tritt auch bei
der Planung der Überquerung eines Bergkammes auf oder, vielleicht weniger
alltäglich, wenn man aus einem Labyrinth herausfinden möchte.
Diese Beispiele beschreiben unterschiedliche Situationen, besitzen jedoch alle
eine Gemeinsamkeit: die Frage nach dem Finden des besten Weges durch eine
Umgebung mit Hindernissen. Ziel des Projektes ist es daher, diese Frage (und
mögliche Antworten) mathematisch einheitlich zu modellieren sowie
Lösungstrategien für die Behandlung des Problems zu entwickeln und am
Computer umzusetzen.
Projekt: Dynamische Systeme
Betreuer: Dr. Georg Propst
Gibt es Zeit-diskrete Pumpen?
Es gibt nicht-lineare Zeit-kontinuierliche Pumpen, das sind Systeme,
die bei periodischer Erregung in ein Nichtgleichgewicht
konvergieren. Gibt es auch Zeit-diskrete Modelle die das tun?
Nämlich
xt+1 = F(xt)+
pt, t=0,1,2,3,...
wobei
pt periodisch ist, und für die Mittelwerte
x,
p, gilt
x ≠
F(x) +
p.
Wir könnten an Hand von Computer-Simulationen mit Ideen für das Modell
F an die Fragestellung herangehen. Vielleicht lassen sich Klassen von
(nicht-) pumpenden Modellen identifizieren. Wird (k)ein pumpendes
Modell gefunden, könnte ein Beweis der (negativen oder) positiven
Antwort überlegt werden.
Projekt: Informationstechnik
Ein Internet ohne Suchmaschinen wäre heutzutage nicht mehr vorstellbar.
Dabei ist die enorme Arbeit, über eine Billion Webseiten nach
Suchbegriffen abzusuchen nur ein Teil der Arbeit: Unter den ca. 9000
Seiten, die den Begriff "Modellierungswoche" enthalten, die richtige zu
finden, stellt nicht nur eine Fleissaufgabe dar. Googles Erfolg liegt
daher zu einem sehr grossen Teil im "PageRank"-Algorithmus, der diese
Suchergebnisse nach Wichtigkeit sortiert (und natürlich an erster Stelle
diese Seite präsentiert).
Ausgehend von einfachen Beispielen werden wir das mathematische Modell
hinter diesem Algorithmus erkunden und verschiedene Verfeinerungen
kennenlernen, die allfälligen Schwierigkeiten in der Praxis begegnen
können. Am Ende werden Sie eine eigene Version des "PageRank" am
Computer implementiert haben.
Projekt: Politikwissenschaft
Betreuer: Dr. Stephen Keeling
Entwicklung eines Wahlsystems
Es ist nicht unüblich, dass ein Bürger eine Kritik für seine Regierung
hat. Implizit bei dieser Kritik ist üblicherweise der Glaube, dass ein
Kurswechsel existiert, der dem Gemeinwohl besser dienen würde. Kann es sein,
dass diese Einstellung fundamental fehlerhaft ist? Was ist das Gemeinwohl
überhaupt? Wie gewichtet man die vielen Präferenzen der Bürger, um das
Gemeinwohl zu definieren? Und wenn das Gemeinwohl sinnvoll gemacht werden
könnte, wie sollen die Präferenzen gemessen werden? Würden die Bürger
ihre Präferenzen ehrlich bekanntgeben oder eher ein Wahlsystem manipulieren?
Nach dem Satz von Arrow (The Impossibility Theorem) ist es nicht
möglich, die Präferenzen der Bürger in eine gemeinsame
Präferenzenliste zu kombinieren, während natürliche
Gerechtigkeitsbedingungen erfüllt werden. Trotzdem müssen Entscheidungen
von einer demokratischen Regierung getroffen werden, die alle Bürger
beeinflußen und einigermaßen repräsentieren sollen. Oder soll die
Regierung den Satz von Arrow bereitwillig annehmen? Sie könnte einen Konsens
dynamisch entstehen lassen, während die Bürger ihre Präferenzen durch
ihre Käufe in einem freien Markt bekanntmachen. So ist die Politik in den
USA von Spieltheoretikern gesteuert worden. Wenn ein Konsens dynamisch
entstehen sollte, stellt sich die Frage ob die Dynamik tatsächlich zu einem
stabilen Ergebnis führt und welche Beziehung dies zu den individuellen
Präferenzen hätte.
Die Ziele des Projektes sind folgende. Für eine bevorstehende
Gruppenentscheidung soll eine Zielfunktion definiert werden, mit der
berechnet werden kann, wie erfolgreich ein Wahlergebnis gegenüber anderen
ist. Dann sollen eigene Wahlsysteme untersucht werden. Ein System kann aus
einem Wahlgang oder aus mehreren wiederholten Wahlgängen bestehen. Es soll
für ein System bestimmt werden, welche Bedingungen des Satzes von Arrow
verletzt werden. Wenn das System aus mehreren wiederholten Wahlgängen
besteht, soll bestimmt werden, ob das System tatsächlich zu einem stabilen
Ergebnis führt. Man soll auch überlegen, wie die Gruppenmitglieder das
System manipulieren können. Schliesslich soll mit der eigenen Zielfunktion
berechnet werden, welche der eigenen Ergebnisse sind erfolgreicher als andere.